Terminal 2E des Pariser Flughafens Charles de Gaulle

Der Einsturz des Terminal 2E in Paris – Frankreich

Roissy, 6 Uhr 27:

Abbildung der eingestürzten Deckenkonstruktion des Terminals

Abbildung der eingestürzten Deckenkonstruktion des Terminals © Report Berthier/ Ministry of Transport

Am Sonntag, den 23 Mai um 6h57, brach ein Segment der Betondecke des Terminals 2E des Pariser Flughafens Roissy ein. Nach Zeugenaussagen zeigte sich weniger als fünf Minuten vor dem Einsturz der erste Riss in der Decke. Kurz nach dem Auftauchen von weiteren Rissen brach die Decke auf einer Länge von 30 und einer Breite von 20 Metern vollständig ein und begrub vier Menschen unter sich.

Das Terminal war im Juni 2003 eingeweiht worden und sollte die Position des Flughafens gegenüber seinen europäischen Konkurrenten London-Heathrow und Frankfurt stärken. Roissy steht weltweit auf 8. Stelle der Flughäfen und hat den 3. Platz in Europa. Das Terminal, gebaut für 750 Millionen Euros, sollte unter anderem ab dem Jahre 2006 die ersten Airbus A380 der Fluggesellschaft Air France aufnehmen können.

Nachbildung des Einsturzes der Deckenkonstruktion

Nachbildung des Einsturzes der Deckenkonstruktion © all rights reserved

Entworfen wurde das Terminal von dem französischen Architekten Paul Andreu, welcher bis zum Jahre 2002, Chef der internen Architekturabteilung der Betreibergesellschaft des Flughafens „Aéroports de Paris“ war. Die interne Architekturabteilung ermöglicht es der Flughafengesellschaft ADP, der die meisten französischen Flughäfen gehört, bei Erweiterungen und Modernisierungen die Auslobung von Architekturwettbewerben zu vermeiden und ihre eigenen Gebäude selber zu entwerfen und zu planen. Gleichzeitig versuchen sie ihr Wissen zu exportieren. So schaffte es Paul Andreu, während seiner Karriere, weltweit an die 40 Flughäfen zu entwerfen.

Konstruiert aus Stahl, Glass und Beton war das Terminal als Vitrine für den Export der Ingenieurbaukunst und Architektur Frankreichs konzipiert und so fiel mit dem Betondecke auch ein Stück (Selbst-)Vertrauen in die Bauindustrie Frankreichs ein. Festgehalten in einer Fotographie eines Haufens Beton, Glas und Stahl, welches um die Welt ging. Gleichzeitig stellt der Unfall auch den gesamten Entwicklungsplan des Flughafens in Frage, der vorsah, mit Hilfe des Terminals, die heutigen 550 000 An- und Abflüge in den nächsten Jahren auf 850 000 anwachsen zu lassen.

Das Termminal 2E vor dem Einsturz

Das Termminal 2E vor dem Einsturz © Report Berthier/ Ministry of Transport

Die Hypothesen für den Einsturz sind vielfältig und zahlreich. Ein Fehler in der Konzeption, ein Materialfehler oder die kurze Bauzeit und eine verfrühte Einweihung auf Druck der Fluggesellschaft „Air France“, die das Terminal vor den Sommerferien 2003 eröffnen wollte? Die ersten Untersuchungen richten sich auf die Fundamente und die Betonhülle, konstruiert von den Bauunternehmen Hervé und GTM, einer Filiale von Vinci, dessen Kurs an der Pariser Börse in den darauf folgenden Tage einige Prozentpunkte einbüßte.

Augenblicklich ist das Terminal auf unbestimmte Zeit geschlossen. Je nach Ergebnis kündigte die Betreibergesellschaft schon an, das gesamte Terminal abzureißen und sei es auch nur, um das Vertrauen der Passagiere wiederzugewinnen.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

Text veröffentlicht in der Deutschen BauZeitschrift, 07/2004

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