Der Eingangsbereich des Zenith von außen

Der Zenith in Rouen – Frankreich

Der Konzertsaal Zenith von außen

Der Konzertsaal Zenith von außen © all rights reserved

Es gibt viele Konzertsäle in Frankreich, nicht jeder ist jedoch ein Zenith. Seit der Eröffnung des ersten, gebaut von den französischen Architekten Chaix und Morel 1984 im Parc de la Villette in Paris, ist der Zenith von Rouen der zehnte Konzertsaal seiner Art. Nach Paris (1984), Montpellier (1986), Toulon (1992), Pau (1992), Nancy (1993), Caen (1993), Lille (1994), Orléans (1996) und Toulouse (1999), hatte sich nun die Kommune von Rouen entschlossen ihren Zenith zu bauen. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein multifunktionaler Konzertsaal mit einer Kapazität von 3000 bis 9000 Personen, welcher hauptsächlich auf Tourneen ausgelegt ist. Heute finden dort auch diverse Veranstaltungen, Kongresse und Firmenversammlungen statt, wie im letzten Frühjahr die Hauptversammlung von Vivendi Universal mit 6000 Aktionären im Zenith von Paris, die zur Bühnenshow wurde.

Das Programm zur Entwicklung einer Reihe von Konzertsälen großer Kapazität wurde Anfang der achtziger Jahre in Frankreich begonnen. Damals definierten die Vertreter des Showbusiness einen idealen Saals und legten die Regeln fest nachdem ein Saal gebaut werden müsse um die Bezeichnung Zenith zu erhalten. U.a. wurde die maximale Entfernung des letzten Ranges von der Bühne mit 50 Metern festgelegt, um trotz der Größe des Saales eine relativ intime Atmosphäre zu behalten. Die Bezeichnung Zenith ist heute eine geschützte Marke und die Rechte liegen bei der Firma Coker und dem Kultusministerium, welches die Bezeichnung Zenith vergibt.

Der Eingangsbereich des Zenith von außen

Der Eingangsbereich des Zenith von außen © all rights reserved

Doch ein Zenith ist nicht nur ein Konzertsaal. Das Programm beinhaltete auch einen wichtigen städtebaulichen Aspekt, eine Art Energiezufuhr. Geplant in Industriezonen oder Stadtzentren, in schwierigen Umgebungen oder etablierten Vierteln, die städtische Aufgabe war es immer diese Zonen zu beeinflussen und zu stimulieren. Das Potential von bis zu 9000 Besuchern bei großen Konzerten zu nutzen, um die Gegenden in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu rücken und sie visuell und ästhetisch aufzuwerten. Trotz diesen Ansprüche sind es keine eleganten Säle mit edlen Materialien, denn die finanziellen Mittel für den Bau der Zenith sind im Allgemeinen niedrig. Ihre Stärke kommt aus dem Namen und der Beliebtheit den sie sich seit 1984 dank der zahlreichen Konzerte gemacht haben.

Die drei hochragenden Masten und die abgerundete Außenhaut des Zenith von Rouen sind leicht von der Ausfahrt der Autobahn in das Industrieviertel zu erkennen. Von weitem sieht man das Volumen des Aluminiumringes, kompakt und leicht vom Boden abgehoben. Der Ring und der Riegel der neuen Messehalle, die gleichzeitig gebaut wurde, sind gleichmäßig mit Aluminiumpaneelen verkleidet. Eines der typischen Material der zahlreichen Logistikzentren der Industriezonen. Der Zenith erscheint von weitem überwiegend monochrome und nur die Textur der Materialien verändert sich mit dem Licht. Doch auch wenn der Architekt nicht versucht hat das Gebäude zu verschönern oder zu veredeln, hebt es sich durch seine bemerkenswerte Geometrie und sein großes Vorfeld klar von seiner Umgebung ab. Es ist eben doch kein Logistikzentrum und dies spürt man.

Der Konzertsaal Zenith von außen

Der Eingangsbereich und das Treppenhaus im Zenith © all rights reserved

Mit der Annäherung an das Gebäude differenziert man besser die einfach scheinende Form. Die Hülle des Aluminiumringes setzt sich aus zwei Schalen mit verschiedenen Krümmungen zusammen. Leicht verschoben, erzeugt der Versatz der Krümmungen eine Spalte, einen Einschnitt in der Schutzhülle, der sich seitlich öffnet. Dieser, über seine gesamte Höhe verglast, zeigt den Zugang zu dem Gebäude und dem Foyer des Zenith. Das Foyer erstreckt sich hinter der gesamten Krümmung zwischen der Außenhaut und der inneren Betonstruktur des Konzertsaals und verbindet die verschiedenen Bereiche. Neben der Funktion als Bewegungszone wirkt das Foyer auch akustisch als Schalldämmung. Einmal in diesen Zwischenraum eingetreten, ist man von dem Wechsel der Atmosphäre überrascht. Wirkt die Aluminiumverkleidung von Außen wie ein Schutzschild, erscheint diese gleiche Umhüllung von Innen wie eine dünne und zerbrechliche Schicht, welche den eigentlichen Kern aus Stahlbeton umhüllt. Es ist ein öffentlicher Raum mit einem dynamischen Spiel von Rampen, Stegen und Treppen über welche er mit dem Konzertsaal verbunden ist und Ausblicken auf den Vorplatz, welche ihn mit der Stadt verbinden. In diesem Zwischenraum fühlt man sich trotz seiner Dimensionen nicht verloren. Selbst die Rampen und Treppen, die als Fluchtwege für die bis zu 7000 Personen dienen, wirken beinahe häuslich. Seiner Theorie des Zwischenraumes folgend, erstellt B. Tschumi hier ein eindrucksvolles Beispiel eines Raumes ohne vorbestimmte Aktivitäten.

Der Innenraum des Saales ist halbkreisförmig aufgebaut und liegt zwischen dem Foyer und des Riegels der Messehalle. Die Sitzreihen folgen der gleichen Steigung, steigen jedoch unterschiedlich hoch an, was zu einer bestimmten, belebenden Asymmetrie führt. Die ungewöhnliche transparenten Sitze aus Polycarbonate überraschen und prägen den leeren Saal. Man kennt sie aus den Stadien, weich und robust, feuerbeständig, waschbar und unzerstörbar. Und doch, hier wirken sie zerbrechlich. Es ist ein Prototype, welcher für den Zenith in Rouen entwickelt und produziert wurde und sicher bald auch anderswo zu finden sein wird. In dem leeren Saal lassen sie durch ihre Transparenz die treppenartige Anordnung der Sitzreihen, wie ein Hinweis auf die antiken Amphitheatern, erkennen.

Die Zuschauerränge im Inneren des Konzertsaals

Die Zuschauerränge im Inneren des Konzertsaals © all rights reserved

Die Sitzanordnung im Saal kann je nach Aufführung verändert werden. Bis zu 5000 reine Sitzplätze und bis zu 7000 Personen in der Anordnung mit Steh- und Sitzplätzen bietet der Saal Platz. Ein System von schwarzen Vorhängen ermöglicht die Groesse des Saals schnell und einfach zu verändern und spezielle Sitzanordnungen herzustellen, wie z.B. 1400 bis 2000 Plätze für Kongresse oder Konferenzen. Auch der Bühnenbereich wurde für die aufwendigsten Aufführungen, Sportereignisse, Kongresse oder Versammlungen konzipiert. Die Bühne von 920m2 ist erweiterbar auf 1500m2 und besitzt eine Öffnung von 40m und eine Tiefe von 23m, erweiterbar bis 40m im Bühnenvorbetreich. Die Höhe der Bühne liegt bei 17m und zwei Zugänge im Hinterbereich ermöglichen die Anlieferung in den Saalbereich. Ein Gitter von schmalen Stegen liegt 17 m über der Bühne und gibt eine gut Kontrolle des Bühnenbereiches. Die Dachkonstruktion des Saals liegt auf einer dreidimensionalen Raumstruktur von drei Metern Höhe, welche mit Hilfe von Kabeln an die drei von außen sichtbaren Masten angehängt ist. Zwei der Maste stützen sich auf den Bühnenbereich und der dritte auf einen Betonpfeiler, nahe beim Eingang. Eine zweite, dreieckig konzipierte Struktur hält die Überdachung des Foyers und die metallische Außenhaut.

Trotz der knappen, finanziellen Mittel, erscheit das gesamte Gebäude sehr durchgedacht und detailliert. Bernard Tschumi hat keine Schicht Farbe eingesetzt und die Konstruktionsmaterialien bleiben in Ihrem Rohzustand und doch erscheint das Gebäude nicht unfertig. Er schafft es die Grauabstufungen des Beton, des galvanisierten Stahls, des Aluminiums und die Beleuchtung so geschickt zu steuern und einzusetzen, dass man die gesamten Nuancen der Materialien erkennt. Man stellt sich das Grau als düster und eintönig vor, doch hier stellt man den Augen der Besucher all die Abstufungen und Nuancen vor.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Architektur, 02/2002

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