Außenansicht der Schule

Eine Schule in Paris – Frankreich

Komplexität auf kleinem Raum
Außenansicht der Vorschule

Außenansicht der Schule © Hervé Abbadie

Ein langgestrecktes Grundstück blieb als Restfläche einer Wohnbebauung. Der französische Architekt Gilles Margot-Duclos realisierte auf dem schwierigen Grundstück eine Schule für die Stadt Paris.

Der Nordosten von Paris besitzt ein sehr heterogene städtische Struktur. Einerseits trifft man die kleinteilige Stadt des 19. Jahrhunderts vermischt mit diversen Bauten des 20.Jh. Andererseits sind gesamte Straßenblöcke abgerissen, an Immobilienfirmen verkauft und in einer Art moderner Interpretation der Pariser Gebäude von Haussmann neubebaut worden, ohne jedoch die gleiche Qualität zu erreichen.

Diese Entwicklung traf 1990 auch einen Block im 19. Arrondissement von Paris. Ein Straßenzug waren bis Anfang der 80er Jahren mit den Studios der SFP (Société Française de Production), einer französischen Filmproduktionsfirma, besetzt. Danach begann diese aus der Stadt in einen Vororten umzuziehen und Ende der 80er ließen sie einen großen, leerstehenden Bereich zurück. Das Gelände wurde von dem französischen Bauunternehmen Bouygues gekauft, welche dort bis heute beinahe 700 Wohnungen errichteten. Das französische Architekturbüro Valode und Pistre, die den Rahmenplan entwickelten, öffneten den Block durch eine kleine private Straße, um den Zugang aller Wohnungen zu gewährleisten. Die Straße wurde kurz < Cours du 7ième Art > in der Erinnerung an die alten Filmstudios benannt.

Situation

Die Vorschule von außen, Blick auf den Schulhof

Die Schule von außen, Blick auf den Schulhof © Hervé Abbadie

Entlang dieser Straße blieb bei der Operation ein längeres, schmales Grundstück leer. Zu schwierig und kostspielig zum Bau von Wohnungen, überließ das Bauunternehmen das Gelände der Stadt Paris, welche sich zum Bau einer Vorschule entschied. 1996 wurde der Wettbewerb ausgeschrieben, den darauf der französische Architekt Gilles Margot-Duclot gewann.

Als Eckgrundstück sollte das zukünftige Gebäude zwei unterschiedliche, städtische Strukturen verbinden. Das Grundstück ist ungefähr 100 m lang, zwischen 10m und 20m breit und mit der Straßenseite nach Süden orientiert. Der Architekt musste also die Überhitzung der Klassenzimmer vermeiden, ohne sie von ihrer Umgebung abzutrennen. Umgeben von mehreren unterschiedlichen Gebäuden gab es zusätzlich zahlreichen Regelungen zu seiner Integrierung zu beachten. So legten im Laufe des Planungsprozesses die Grundstücksform und die städtischen Regelungen mehr und mehr die Gestalt des Gebäudes fest.

Gilles Margot-Duclot entschied sich, die Schule auf zwei Drittel des Grundstücks zu konstruieren und einen offenen Hof von 40m zu lassen. Das Programm umfasste 1700 m2 mit neun Klassenzimmern, einigen Ruheräume, zwei Spielzimmer und einem Speisezimmer. Da das Grundstück selber nur ungefähr 1500 m2 besaß und die Schule einen Hof von 1000 m2 benötigte, musste der Hof auf mehrere Ebenen verteilt werden.

Materialien

Der Schulhof

Der Schulhof © Hervé Abbadie

Nähert man sich dem Gebäude, so scheint es sich von seiner Umgebung durch die unterschiedliche Höhe abzusetzen, aber gleichzeitig durch seine Materialien zu integriert. Nur halb so hoch wie die umgebenden Bauten, erscheint es klein mit klaren horizontalen Linien und durchlaufenden Fensterbändern und einfach ohne markante Details oder hervorstechende Farben. Doch trotz der Einfachheit ist die südliche Fassade  genau geplant und detailliert. Jeder horizontale Rücksprung und Unterbrechung in der Fassade schützt vor dem direkten Sonnenlicht und reflektiert diffus in die Klassenräume.

Der Sockel des Gebäudes ist aus Bruchstein gebildet. Die Farbe und die Struktur des Steins erinnert an die Trockenmauern Südfrankreichs und ein ländlicher Eindruck scheint durch die floralen Zeichnungen auf dem Gitter des Hofes verstärkt. Der Architekt selbst setzte den Stein jedoch als Referenz auf Jules Ferry, dem Gründer des republikanischen Schulsystems, ein, als Sinnbild für die starke Basis des staatlichen Schulsystems. Durch den polierten Beton der Fassade und das Zink-bedeckte Dach fügt sich die Schule in seine Umgebung ein.

Organisation

Ein Klassenzimmer

Ein Klassenzimmer © Hervé Abbadie

Die Organisation des Gebäudes folgt den Bewegungszonen und der konstruktiven Struktur. Ein Hauptflur verbindet mittig in jedem Geschoss die unterschiedlichen Bereiche mit dem Haupteingang, den Treppenhäusern und den Außenraum. Das konstruktive System besteht aus einer einfachen vorgefertigten Träger-Stützen Struktur in Stahlbeton. Vier Reihen von Stützen tragen das Gebäude, zwei entlang des Hauptflur und zwei weitere in einem Abstand von 7,20m, direkt hinter der Fassade, um diese vom konstruktiven System unabhängig zu lassen.

Der Haupteingang zur Schule liegt in dem > Cours du 7ième Art < und besitzt eine äußere, geschützte Wartezone, da den Eltern nicht erlaubt ist, innerhalb des Gebäudes zu warten. Der Eingang führt direkt in die Halle als zentraler Punkt des Gebäudes. Sie erstreckt sich über die ersten beiden Geschosse und empfängt indirektes natürliches Licht durch die Dachlichtern des zweiten Stocks. Ein großes Wandbild von dem Künstler Yvan Messac, ein Freund des Architekten, dekoriert die Halle. Es stellt mit Hilfe zweier Steinskulpturen die Sternzeichen des kleinen und großen Bären im Nachthimmel dar. Die Verteilung der Funktionen über den drei Geschosse folgt einer einfachen Logik des Alters. Die kleinsten Kinder bleiben im Erdgeschoss, die älteren im ersten Stock und dem ältesten im zweiten. Die Wohnung der Hausmeisters mit einer großen Dachterrasse und die technischen Anlagen für Heizung und Ventilation befinden sich im Dachgeschoss.

Doppelseitig

Schnitt der Vorschule

Schnitt der Schule © Gilles Margot-Duclot

Das Gebäude besitzt zwei recht unterschiedliche Seiten. Die zur Straße scheint, einfach und zweidimensional, während die nördliche Seite eine spielerische Kombination von Volumen und Terrassen bildet. Die Fassade zur Straße musste ohne größere Rücksprünge ausgebildet werden und die Nordseite die freie Sicht der Nachbarn zum Himmel in einem Winkel von 45 Grad von allen Punkten ihres Grundstücks  respektieren. Diese Situation zwang den Hauptflur im zweiten Stock, seine Richtung zu ändern, um eine benachbarte zweigeschossige Gartenlaube zu respektieren.

Die Ausarbeitung des kompakten Planes der Schule ist das Resultat der umgebenden Einflüsse. Die Räume wurden dort geplant, wo es erlaubt war und nicht dort, wo es auf den ersten Blick am sinnvollsten gewesen wäre. Aber glücklicherweise führte die schwierige Form des Grundstücks und der Einfluss der verschiedenen Regelungen zu einer interessanteren Lösungen, anderer Räumen und einer bemerkenswerteren Schule, als man sie oft in Paris sieht.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

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