Le Corbusiers Gerichtshof

Ausstellung Chandigarh – Frankreich

Das Parlament in Chandigarh von Le Corbusier.

Das Parlament in Chandigarh von Le Corbusier. Bild: Creative Commons von Dave Morris. Lizenz CC BY-SA 2.0

Le Corbusier, der Pandit und die strahlende Stadt

Fünf Jahre vor der Planung der Stadt Brasilia von Oscar Niemeyer, verwirklicht Le Corbusier 1951 in Indien sein am weitesten verwirklichtes städtebauliches Projekt. Die Stadt Boulogne-Billancourt widmet, als eine der bevorzugten Städte des Schweizer Architekten, dieser entfernten Verwandten eine umfassende Ausstellung.

Chandigarh, eine Stadt für 500 000 Menschen liegt in den Ebenen des Pendjab. Die kubischen Formen breiten sich am Fuße der Berge Shivalik, die erste Ausläufer des Himalaya, aus. Chandigarh, „die Strahlende Stadt“ aus Ziegelsteinen und Beton, ist aus dem Zusammentreffen zweier Männern entstanden. Der Pandit Nehru, Premierminister des modernen Indiens, wollte eine « neue Stadt, ein Symbol des freien Indiens, ohne die Hindernisse der Tradition und der Vergangenheit » errichten. Ein neuer « Tempel der Modernität », fähig die indischen Bauern an den Fortschritt heranzuführen. Der Architekt Le Corbusier seinerseits träumte seit langem von einer Stadt « , die den Einwohnern erlaubt ein volles und harmonisches Leben zu führen ».

Le Corbusiers Gerichtshof

Le Corbusiers Gerichtshof. Bild: Creative Commons von Eduardo Guiot. Lizenz CC BY 2.0

Chandigarh ist das Bild eines utopischen Rationalismus. Eine „hygienische“ Vorstellung von Stadt, in der man « wohnen, arbeiten, sich bewegen, seinen Körper und seinen Geist kultivieren » kann. Ein Plan wie ein Schachbrett, der die Stadt in unabhängigen Sektoren teilt, umlaufen von « Strassen, die für mechanischen erzeugte Geschwindigkeiten bestimmt sind », aber in ihrer Mitte durchquert von einem ununterbrochenen grünen Band « wo die Ruhe herrscht und wo nie die Plage des Lärms eindringt ».

Von 1951 bis 1965 sind die Planungen zahlreichen Änderungen unterworfen. Eine Reduzierung des Budget und die geänderte Nutzung einiger Gebäude führten u.a. zur Nichtvollendung des Gesamtwerks. Le Corbusier baute den Gerichtshof und das Parlament, aber der Turm der Schatten und die Offene Hand werden erst nach seinem Tod im Jahre 1965 verwirklicht.

Die Offene Hand von Le Corbusier, fertiggestellt nach seinem Tod.

Die Offene Hand von Le Corbusier, fertiggestellt nach seinem Tod. Bild: Creative Commons von Carlos Zambrano. Lizenz CC BY-NC-ND 2.0

Was ist heute aus Chandigarh geworden ? Hat sie die Hoffnungen von Le Corbusier erfüllt ? Ursprünglich vorgesehen für etwa 500.000 Einwohner, zählt die Stadt heute über 1,5 Million. Neue Probleme stellen sich, wie die unkontrollierte Verdichtung der Stadt oder die Bemühung eine Lösung für die Vollendung der Hauptstadt zu finden. Wo steht man heute mit der vom Architekten gewollten « bessern von den Welten » ?

Eine Wand von Abbildungen und Filmen, aber auch Modelle, Skulpturen, Wandteppiche – welche in Chandigarh etwa 650 m2 der Mauern des Justizpalastes bedecken – Tapeten und von Le Corbusier in dieser Periode realisierten Malereien – zeichnen die Geschichte der Stadt nach. Konzipiert in Zusammenarbeit mit der Le Corbusier Stiftung und zusammengestellt von Rémi Papillault und koordiniert von Michèle Lefrançois ist die Ausstellung vom 15 Mai bis 7 Juli 2002 im Museum der 30er Jahre zu sehen.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Baumeister, 06/2002

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