Wohnungsmangel und Armut – Frankreich

Zelte am Canal St Martin in Paris

Zelte am Canal St Martin in Paris © Christian Horn, 2006

In den 70er Jahren hatte man die letzten Barakensiedlungen in Frankreich abgerissen. Doch leider hat es nicht lange vorgehalten und in den 90er sind sie wieder in Erscheinung getreten und bilden sich grösstenteils am Rande der Städte entlang von Infrastrukturen und Brachen. Aber auch in der Stadt Paris selber sieht man beim Spaziergang in den grösseren Parks, wie dem Bois de Bologne und dem Parc de Vincennes, immer öfters kleinere Gruppierungen von Zelten und Baraken in denen sich Obdachlose eingerichtet haben.
Der sich seit Jahren aus verschiedenen Gründen aufstauende Wohnungsmangel und die gleichzeitig zurückgehenden Investitionen des französischen Staates in den sozialen Wohnungsbau führen zu erhöhten Spannungen auf dem Wohungsmarkt. Es sind die ärmsten und sozial ausgegrenzten, welche sich dann letztendlich nach Räumungen, baufälligen Wohungen, Hotelzimmern und Notunterkünften in diesen Baraken wiederfinden.
Die Stiftung Abbé Pierre konstatierte 2011 in ihrem jährlichen Bericht in Frankreich 3,6 Millionen Menschen, welche in schlechten Wohnverhältnissen leben, und 133 000 Menschen ohne Wohnung. Waren es vorher überwiegend Männer, sieht man in den letzten Jahren auch vermehrt Frauen und Kinder welche mangels Unterkunft die Nacht bei wärmenden den Abluftgittern der Metro oder in Einfahrten der Häuser verbringen.
Seit 2002 kennt Frankreich einen leichten, aber stetigen Anstieg der Armut. Die Städte wissen jedoch nicht mit dieser verstärkten Präsenz der Armut im Stadtbild umzugehen. Der Bürgermeister von Marseille hat im Oktober das Betteln in der Innenstadt durch eine Verordnung untersagt, wie schon vor ihm die Städte von Nice, Montpellier oder Chartres. Die Polizei kann dies jetzt mit 38 Euros Strafe verwarnen. Doch dadurch werden die Armen auch nicht reicher.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink
Texte veröffentlicht in der Zeitschrift Der Architekt, N° 6/2011

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