Flagge Frankreich

Aus Frankreich

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Nach 13 Jahren Beiträgen in der Foreign Affaires Kolumne aus Frankreich geht diese jetzt in dieser Form zu Ende. In dem Zeitraum ist Frankreich etwas grüner geworden, politisch und architektonisch. Von einzelnen experimentellen Projekten hat sich eine allgemeinere Sensibilität für die Umweltauswirkungen der Projekte verbreitet. Engagierten lokalen Netzwerken habe eine große Rolle in diesem Wandel eingenommen.

Die Periode der großen Projekte scheint zu Ende zu gehen. Der Regionalflughafen Notre-Dame-des-Landes bei Nantes, der Komplex Europacity bei Paris und das Terminal 4 des Flughafen Charles de Gaulle sind offiziell gestoppt oder in Frage gestellt. Der französische Staat kann diese Projekte nicht mehr gegen die lokalen Bürgerbewegungen durchsetzen. Auch ist die Krise der kleinen und mittleren Städte und die Verödung ihre Innenstädte durch die wachsenden Speckgürtel in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. Damit geht eine Entwicklung zu Ende, welche 1963 mit der Eröffnung des ersten französischen ‘Hypermarché’ Carrefour begonnen hatte. Die letzten Jahre habe auch die Strategie der Stärkung einzelner Metropolen mit dem System der TGV als direkte Verbindung, ohne Zwischenstopp, und die Rolle des Staates in der Regionalentwicklung in Frage gestellt.

Doch fällt es dem französischen Staat weiterhin schwer der regionalen Diversität Raum zu geben und Kompetenzen und Gelder den Regionen und Städten abzutreten. Er fällt immer leicht in die etablierten Schemen zurück und Einscheidungsmacht teilen ist nicht die Stärke Frankreichs.

Demonstration of architects against the law ELAN in Paris @ Christian Horn 2018

Demonstration architects against law ELAN, F-Paris @ Christian Horn 2018

Die französischen Architekten versuchen weiterhin ihrer Stimme Gewicht zu geben. Doch die französische Architektenkammer hat gerade mal um die 30000 Mitglieder, während die Bundesarchitektenkammer 135000 Mitglieder vertritt, wobei diese auch andere Kriterien für die Mitgliedschaft hat. Im Gegensatz dazu kommen drei der umsatzstärksten europäischen Bauunternehmen aus Frankreich. Ein Kräfteverhältnis, welches den Architekten wenig Präsenz bei den Entscheidungen im Bausektor gibt. Mit ihren Forderung nach einer hochwertigen und nachhaltigen Architektur werden sie in Regierungskreisen teilweise als Bedenkenträger und Bremser des Wirtschaftswachstums eingeschätzt.

Dies zeigt sich auch in den chronisch unterfinanzierten Architekturhochschulen. Die staatlichen Ausgaben für einen Architekturstudenten liegen mit etwa 7600 Euros pro Jahr 35% unter den Durchschnitt für Studenten in Frankreich und überhaupt nicht vergleichbar mit des Ausgaben für einen Studenten der ‚Grandes écoles‘ mit über 15000 Euros pro Jahr. Dazu kommt, das die Architekturschulen, anders als die Universitäten, dem Kulturministerium unterstellt sind, was diese in der Hochschullandschaft etwas isoliert.

Die Strategie der nationalen Champions, bei der einige international bekannten Architekten die französische Ausstrahlung und Bauindustrie weltweit verbreiten, hat keinen Platz gelassen für die Idee einer weitverbreiteten allgemeinen Baukultur. Spät kommt die Erkenntnis, dass sich über Jahrzehnte in Frankreich eine banale und uniforme Vorstadtlandschaft verbreitet hat in der Millionen von Menschen wohnen.

Oberflächlich funktioniert die Strategie der Champions. Französische Architekten und Baufirmen bauen weltweit, die größeren französischen Städte sind mit dem TGV Netzwerk verbunden und die Touristen kamen zahlreich. Doch die Proteste der Gelbwesten Ende 2019 habe den vergessenen Gebieten Frankreichs kurzfristig eine Stimme gegeben, bevor der Coronavirus die Aktualität bestimmte. Doch hat auch dieser die Diskussion über die alltägliche Lebensqualität, die Qualität der Stadträume und einer ausgeglicheneren Regionalplanung beeinflusst.

Die Architekten in Frankreich sind sehr engagiert und lassen weiterhin ihre Stimme hören und die Gebäude für sich sprechen. Die Architekturhochschulen bilden Netzwerke mit den Universitäten um die Forschung zu stärken. Neue Generationen von Architekten entwickeln Aktivitäten außerhalb der klassischen Arbeitsfelder und Strukturen. Und die Architektenkammern sind weiterhin aktiv in Verbreitung einer Baukultur. Es wird also noch viel aus Frankreich zu berichten geben und der Austausch der Ideen und die Zusammenarbeit über die Landegrenzen hinweg ist essenziell. Eine verstärkte Zusammenarbeit der 600000 Architekten der 31 europäischen Ländern kann uns eine starke Stimme geben.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro RETHINK in Paris, Frankreich

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Der Architekt, N° 6/2020

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