Das Seineufer in Paris

Rechte für die Seine ? – Frankreich

Das Seineufer in Paris

Das Seineufer in Paris © Christian Horn 2013

Die französischen Städte rücken ihren Flüssen immer mehr näher auf den Leibe. Nachdem die Industrialisierung diesen stark zugesetzt hatte und sich die wohlhabenden Bewohner von diesen entfernten, drehte sich der Trend in den letzten Jahrzehnten um. Der Zugang zu den Flüssen, und anderen Wasserflächen, ist wichtig für die Stadtqualität geworden. Menschen suchen die Nähe der Flüsse, und der unverstellte Blick auf das Wasser ist längst ein wichtiger Verkaufsfaktor geworden.

Die derzeitige Stadtregierung von Paris sucht verzweifelt nach Baugrundstücken, denn die Stadt hat keine freien Flächen mehr. Da ‘nicht Bauen’ unvorstellbar erscheint, wird seit ein paar Jahren versucht die Idee von bebauten Brücken den Bewohnern zu verkaufen. Architekten liefen dafür die Bilder mit schwebenden Wohnungen, oder Hotels, welche dann als Testballons in die lokale Presse gehen. Bis jetzt haben diese Ideen jedoch noch eine Mehrheit gefunden, denn der freie Blick auf den Himmel, welche die Flüsse in den Städten bieten hat auch seinen Wert. Und wem gehören die Flüsse eigentlich ? Ist der Raum neben und über dem Fluss Teil der lokalen Gemeinde, oder Teil des Ökosystems des Flusslaufes.

In Reaktion auf den steigenden Druck auf die Seine hat ein Kollektiv von Bürgern vorgeschlagen dem Flusssystem der Seine eine Rechtspersönlichkeit zu geben, wie u.a. dem Fluss Ganges in Indien und dem Rio Atrato in Kolombien. Entlang der 776 km der Seine leben in dem Flusseinzugsgebiet 17 Millionen Menschen. Eine juristische Anerkennung der Seine als lebendes System würde dieser erlauben sich gerichtlich zu verteidigen. Denn es geht ja nicht mehr um eine Dominanz der Menschen über die Naturräume, sondern um eine Koexistenz.

In der Metropole Paris werden inzwischen die letzten offenen Baulücken entlang der Ufer bebaut. Vielleicht sollte man der Seine eine Stimme geben und den Raum über dem Flüssen freihalten.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro RETHINK in Paris, Frankreich

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Der Architekt, N° 5/2019

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