Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ in Paris – Frankreich

Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ Hauptsitz F-Paris © Christian Horn

Selbstbewusst und elegant präsentiert sich der Hauptsitz von CANAL+ an dem Seineufer des 15. Arrondissements von Paris.

Vier Jahre nach der Gründung des privaten Fernsehsenders, war dieser durch seinen wachsenden Erfolg gezwungen und ermutigt ein neues Gebäude zu errichten, um dort die wichtigsten seiner Dienstleistungen aus den verschiedenen angemieteten Büros der Pariser Region zu gruppieren. Dabei bot die Konstruktion eines Firmensitzes gleichzeitig eine gute Möglichkeit die Dynamik und Erfolg des Senders zu zeigen. Die Durchführung eines eingeladenen Wettbewerbes und die anschließende Wahl eines international anerkannten Architekten wurde Teil der Strategie des Senders. Man wollte sich von den anderen Firmen durch ein kulturelles und damit auch architektonisches Engagement absetzen.

In den ersten Gesprächen über den zukünftigen Standort bot die Stadt Paris dem Sender eines der wenigen noch bebaubaren Grundstücke an dem Seineufer an. Ein Grundstück im 15. Arrondissement, welches in dem zukünftigen Quartier Citroën-Cervennes im Norden des heutigen Park André Citroën lag. Ein Stadtteil von Paris, wo das traditionelle Pariser Stadtgefüge an die experimentellen Wohntürmen von Beaugrenelle der 60er und 70er Jahre heranstößt.

Bei der Gründung von Canal+, 1988, bevor sich der Fernsehkanal in der Rue Olivier-de-Serres im 15. Arrondissement einrichtete, existierte die alternative Lösung in das Büroviertel von La Defense zu ziehen. Für den damaligen Präsidenten von Canal+, André Rousselet, war das Image, welches er dem Sender geben wollte mit dem von La Defense vereinbar. Er konnte sich vorstellen dort einen Sender des zeitgenössischen Fernsehens zu entwickeln. Doch die Wahl wurde zu letztendlich zu Gunsten von Paris getroffen. Unter anderem war das Problem der Sicherheit, welches sich nachts in dem Viertel von La Defense bildete, ausschlaggebend. Man blieb also in Paris und vier Jahre später zur Planung des Hauptsitzes, wurde dies nicht mehr in Fragen gestellt.

Bis zu Beginn der neunziger Jahre waren die meisten Radio- und Fernsehsender der gleichen Logik der Standortwahl gefolgt, wie die Pariser Zeitschriftenverlage. Sie gruppierten sich in das Geschäftsviertel des 19. Jahrhunderts in akzeptabler Entfernung von dem Elyséepalast und dem Nationalparlament, nahe der Börse und den dortigen Nachrichtenagenturen, die ihre hauptsächlichen Informationsquellen bildeten. Das Viertel zwischen der Rue Cognacq-Jay, der Avenue Montaigne und der Avenue Franklin-Roosevelt bildete damals das goldene Dreieck der Informationsmedien.

Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ Hauptsitz F-Paris © Christian Horn

Die erste Ausnahme bildete das Maison de la Radio. Nachdem auch hier die Überlegungen in dem Büroviertel von La Defense zu ziehen fallen gelassen wurden, war das Maison de la Radio 1963 eines der ersten Medieninstitute, welches weiter östlich von den üblichen Vierteln der Pariser Presse installierte. Der Bau hatten, von den verfügbaren Geländen an dem Ufer der Seine im 16. Arrondissement in einem kaum entwickelten Industriegebiet mit einem alten Gaswerk und verschiedenen Lagerhäusern der Flussschiffart profitiert.

Später, in den neunziger Jahren, wechselte der französische Fernsehsender LA SEPT, der vor einiger Zeit zu ARTE Frankreich geworden ist, auf die gleiche Seineseite in das 16. Arrondissement.

Und 1991 war es an Canal+ sich auf der linken Uferseite der Seine zu installieren. TF1 zog etwa zur gleichen Zeit weiter südlich und auf der rechten Seineseite, auf dem Quai du Point-du-Jour bei Boulogne, in seinen neuen Hauptsitz und 1998 stellte der Architekt J.P. Viguier den Hauptsitz von France Télévision stromabwärts von Canal+ im 15. Arrondissement auf der südlichen Seite des Park André Citroen fertig. Als neustes Mitglied der Fernseh- und Radiosender gruppiert das Gebäude die Dienste von France 2, France 3 und der Werbeabteilung von France Télévision.

Heute scheint es so, als wenn die Seine die großen Fernseh- und Radiosender an ihre Ufer zieht. Die Seine wird zu einem neuen Boulevard, ein Ort der Institutionen und Firmen der audiovisuelle Kommunikation. Kostengünstiger sind die Grundstücke dort jedoch wirklich nicht und besonders die Fernseh- und Radiosender, die man weniger durch ihre Gebäude als durch die Ausstrahlungen kennt, bräuchten die Nähe zum Stadtzentrum technisch nicht. Jedoch folgt die Wahl des Standortes anderen Parametern also nur den Grundstückspreisen oder der Autobahnauffahrt. Eine bekannte Adresse, eine gute Aussicht, für den Chef und die Angestellten und in dem vorliegenden Fall, die Nähe eines öffentlichen Parks von 13 Hektar, dem Park André Citroën (Fertigstellung 1992), werden ausschlagbebend. Für das Firmenimage ist die Wahl des Grundstücks genauso wichtig, wie die Wahl des Architekten.

Der damalige Präsident von Canal+, André Rousselet, wünschte sich eine Architektur, welche nicht in einen bestimmten Trend eingeschrieben sein sollte. Er wollte, dass die Architektur des Firmensitzes zeitlos sei, dass der Firmensitz die fortdauernde Entwicklung von Canal+ wiederspiegelt.

Gebaut um einige Jahre als Hauptsitz zu dienen, verweigerte der Architekt Richard Meier einen aufsehenerheischenden Entwurf, um sich eher der Stadtstruktur anzupassen. Das Resultat ist eine Parzelle, die eben bisschen weißer als die anderen ist.

Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ Hauptsitz F-Paris © Christian Horn

Seine Architektur, präsent, aber ohne sich um jeden Preis herausstellen zu wollen, schreibt sich in eine sensible Zone der Stadt ein. Die direkte Umgebung des Gebäudes zeichnet sich nicht durch eine besondere Harmonie aus und wo Richard Meier sich von der näheren Umgebung seines Gebäudes abwenden konnte, lies er sich nicht hindern. So zog er die Mauern der Dachterrasse, die u.a. für die Festivitäten von Canal+ vorgesehen waren, bis auf eine Höhe von 1.80 hoch, so dass der Ausblick auf die Umgebung nur den größeren Menschen gegeben ist. Der Gast war also gezwungen sich auf das Geschehen innerhalb des Gebäudes zu konzentrieren, die Architektur und die anderen Gäste. Jedoch wurde im Laufe der letzten Jahre die Dachterrasse nie benutzt. Nicht für die Feiern von Canal+ und nicht von dem danebenliegenden Firmenrestaurant.

Auch hat sich in den letzten Jahren keine Verbindung zwischen dem Gebäude und dem öffentlichen Park, welches das Gebäude umschließt, entwickelt. Es gibt keinen direkten Zugang zu dem Gebäude von dem Park aus und der Haupteingang liegt genau auf der dem Park abgewendeten Seite. Zwar war eine Neugestaltung des Parks in dem Projekt von Richard Meier vorgesehen, der einen zweiten Zugang ermöglichen wollte, doch die Stadt Paris wollte nicht in das Projekt investieren. Und heute lassen Sicherheitsbestimmungen von Canal+ einen solchen, zweiten Zugang zu dem Gebäude nicht zu und so bleibt für die Angestellten nur der Blick aus dem Fenster. Das Alltagsleben des Gebäudes bleibt auf die Innenräume konzentriert und von dem Viertel abgeschlossen.

Seit der Fertigstellung des Gebäudes wurde die Fassade in ihrem Erscheinungsbild nicht verändert. Wenn im Moment eine Veränderung zu erkennen ist, dann ist dies auf den Sturm der Paris Weihnachten 1999 heimgesucht hatte zurückzuführen. Dabei wurde die freihängende Verlängerung der geschwungenen Fassade der Seineseite von den sich bildenden Turbulenzen abgerissen. Diese wird jedoch, wenn die Untersuchungen des Schadens abgeschlossen sind, nach den originalen Plänen mit einer veränderten Befestigung erneuert werden.

Auch die Grundrisse und die Organisation des Gebäudes blieben fast unverändert. Neu in der Typologie der Fernseh- und Radiosender, war die Notwendigkeit in den ansonsten reinen Büro-, Verwaltungs- und Produktionsgebäuden die Öffentlichkeit in den Aufnahmestudios zu empfangen. Diese Komplexität der neuen Mediengebäude zwingen sie den Firmensitz, die Produktion von Sendungen und den Empfang der Öffentlichkeit in dem gleichen Gebäude zu vereinen.

Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ Hauptsitz F-Paris © Christian Horn

Diese verschieden Funktionen, wurde bei der Planung des Projektes in die Baukörper übersetzt und lassen sich in der Fassadengestaltung ablesen. Der Haupteingang blieb der einziger Punkt, welcher Probleme im Alltagsbetrieb des Gebäudes mit sich brachte. Vor Beginn der Sendungen kam es zu Behinderungen zwischen dem auf Einlass wartenden Publikum und den Angestellten und Besuchern, die den gleichen Eingang benutzten. Eine Veränderung der Eingangssituation wurde nötig. Um die Wartezone der Zuschauer von dem Zugang zu dem Büroräumen zu trennen, wurde eine weitere Türe neben dem eigentlichen Haupteingang eingebaut und der Treppenaufgang vergrößert. Die neue Tür wurde jedoch mit den gleichen Aluminiumpanelen wie die Fassade verkleidet und kann nur von innen zum Einlass des Publikums geöffnet werden. Im geschlossenen Zustand ist sie somit nicht erkennbar und das Erscheinungsbild der Fassade ist gleichgeblieben. Zusätzlich wurde die anfänglich einsetzte zweiflügelige Eingangstür durch eine Drehtür ersetzt. Dies war durch die rege Benutzung und besonders durch auftretende Windstösse, die die Doppeltüren teilweise aus den Angeln gerissen hatten.

Bei der Direktion und den Angestellten von Canal+ herrscht allgemeine ein großer Respekt vor der Architektur des Firmensitz und der Arbeit Richard Meiers. Alle Veränderungen, die die Architektur und das Erscheinungsbild, sowohl im Außen- als auch im Innenbereich betreffen werden nur mit der Zustimmung von Richard Meier ausgeführt. Dies geschied durch das Pariser Architekturbüro Mas & Roux, die Richard Meier in Frankreich repräsentieren.

Die Grundrisse des Produktionsbereiches mit den Aufnahmestudios und den Nebenräumen sind in den letzten zehn Jahren fast unverändert geblieben. Nur die technischen Einrichtungen wurden der Entwicklung der Aufnahmetechnik angepasst. Im Bereich des Büroflügels wurden Änderungen vorgenommen, die jedoch nur die Aufteilung und Größe der Büroräume betrafen und bei denen immer das vorgegebene Grundraster von Richard Meier eingehalten wurde.

Das Fassadensystem, welches bei Canal+ eingesetzt worden war, war trotz des in der Architektur erkennbaren Stils von Richard Meier bautechnisch sehr verschieden von dem der anderen Gebäuden, die vorher realisiert worden war. Die Verglasung, die Aluminiumpaneele und die Dichtungen wurden speziell für das Gebäude entwickelt. Da die Planungs- und Realisierungsphase der Gebäudes mit zwei Jahren sehr kurz war, blieb keine Zeit das System durchgehend zu testen. Heute sind zum zweiten Mal seit der Fertigstellung des Gebäudes die Fassadenelemente aus Sicherheitsgründen mit Netzen gesichert.

Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ Hauptsitz F-Paris © Christian Horn

Zwei, drei Jahre nach der Fertigstellung hatten sich durch starke Windstösse zum ersten Mal einige Aluminiumpaneele gelöst und waren in den angrenzenden Park gefallen. Darauf hin wurden die Fassaden gesichert und Nachforschungen zur Ursache eingeleiten. Diese führten zu dem Ergebnis, dass das Befestigungssystem bei den starken Winden, die sich an dem Seineufer bilden, keine 100% Sicherheit bot. Daraufhin wurde ein neues System entwickelt, bei dem die Paneele mit einem Schnappmechanismus an die Befestigung festgeklemmt werden. In den folgenden Monaten wurden alle 17000m2 Paneele abgenommen und mit dem neuen System gesichert. Durch dem Unwetter, welches Paris Weihnachten 1999 heimsuchte und ein Teil der Verglasung beschädigte, hatte sich wieder ein paar Paneele von der Fassade gelöst. Dadurch wurde die Fassade erneut mit Netzen gesichert und Untersuchungen des Bauschadens beauftragt. Diese brachten den Bruch einer Schweißnaht als Schwachpunkt zutage. Weitere Untersuchungen werden nun zeigen, ob dieser Bruch eine allgemeine Schwachstelle des Systems ist oder als Einzelfall angesehen werden kann. Falls es eine allgemeine Schwachstelle ist, müsste wieder das Befestigungssystem der Fassadepaneele ausgewechselt werden.

Neben der Architektur ist man bei Canal+ auch besonders auf das äußere und innere Erscheinungsbild des Gebäudes bedacht. Dabei benötigt das Weiß von Richard Meier (RAL 910) einen höheren Aufwand als den allgemein üblichen Reinigungsrhythmus. Um das Gebäude im guten Zustand zu halten, werden die Fassaden konstant gereinigt. Dabei ist ein Reinigungsteam das ganz Jahr über beschäftigt das Gebäude zu umrunden. Nur ein Teil der Fassade kann mit Hilfe von Fassadenaufzügen gereinigt werden. Die Fassaden zur Seine und zur Rue des Cevennes werden allerdings teilweise, wie z.B. die Pyramide vom Louvre, von Alpinisten gereinigt, da sie auf Grund der Sonnenschutzblenden und ihrer skulpturalen Form (Studios) nicht von den Fassadenaufzügen aus gereinigt werden können. Dabei wird jede Fassade im Durchschnitt drei bis viermal im Jahr gereinigt.

Während ein Reinigungsteam außen an dem Gebäude arbeitet, um es zu reinigen, macht zur gleichen Zeit ein Anstreicherteam im Inneren des Gebäudes die Tour. Die gesamte Innenwandfläche des Gebäudes wird in einem des Abnutzung angepassten Rhythmus neu gestrichen. Dies erfordert die ständige Arbeit von zwei bis drei Anstreichern. Damit erreicht Canal+ die Instandhaltung des Erscheinungsbildes seines Firmensitzes.

Bei der Fertigstellung wünschte Richard Meier, dass das Gebäude ständig, d.h. die ganze Nacht über, zur Seine hin erleuchtet bleibe sollte. Dies einerseits, um die Präsents des Gebäudes herauszustellen, als auch um die Funktion des Fernsehsenders aufzuzeigen, der immer auf Sendung ist, 24 Stunden, täglich. In den ersten Monaten nach der Eröffnung blieben das Licht auch an. Doch dann wurde die Geste auch Canal+ zu teuer. Immerhin bleibt bis heute Gebäude auf der gesamten Seineseite noch bis spät abends 22h-23h erleuchtet.

Canal+ Hauptsitz F-Paris

Canal+ Hauptsitz F-Paris © Christian Horn

Durch seine weitere Entwicklung und Erfolg wurde Canal+ recht schnell gezwungen neue Räumlichkeiten außerhalb des Hauptsitzes anzumieten. Bei dem Einzug in das neue Gebäude, waren die Räumlichkeiten schon zu klein geworden. Zwei, drei Jahre nach der Eröffnung musste ein Teil der Abteilungen in die  naheliegenden Räumlichkeiten umziehen. Dabei wurde jedoch in den neu angemieteten Büroflächen das Image von Canal+ in dem Farben des Hauptsitzes beibehalten. RAL 910 für die Wände und Grau für den Boden. Wenn möglich und wenn angemessen wurden auch das Raster von 90*90 cm übernommen.

In diesem Sinne ist die Rechnung des damaligen Präsidenten André Rousselet aufgegangen. Das Gebäude ist inzwischen zum Imageträger der Firma geworden. Entgegen der Überlegungen des Architekten ist das Gebäude heute eindeutig mit dem Sender Canal+ verknüpft. Das zeigt sich auch darin, dass außer einem relativ kleinen Schriftzug am Eingang kein Zeichen darauf hinweißt, welche Firma in diesen Gebäude arbeitet. Das Gebäude braucht dies einfach nicht. So hat die Direktion den Bau niemals bereut, auch wenn das Gebäude sicherlich in den Baukosten und auch im Unterhalt teuer als ein Standartbürogebäude war. Von diesem Gesichtspunkt aus kann man von einer gelungenen Hochzeit sprechen. Das Gebäude hat der Entwicklung von Canal+ geholfen und der Sender unterhält und pflegt das Gebäude soviel wie nötig.

In den letzten zehn Jahren ist Canal+ jedoch weiter gewachsen und ist im Moment gezwungen den größten Teil der Büroflächen in Paris außerhalb des Hauptsitzes zu mieten. Vielleicht ist es mal wieder Zeit für Canal+ eine Wettbewerb für ein neues Gebäude auszuschreiben.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Detail, 12/2000

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