Das Haus der Familie Barak im Süden Frankreichs

Das Haus Barak – Frankreich

Zeltstruktur in Frankreich, ein Wohnhaus bei Sommières

Das Haus der Familie Barak im Süden Frankreichs

Das Haus der Familie Barak im Süden Frankreichs © R&Sie(n)

Die Besucher der historischen Festung von Sommières reagieren mit Überraschung und Verwunderung auf das neue Wohnhaus der Familie Barak. Doch dafür müssen sie es erst mal entdecken.

Im Süden Frankreichs, nahe der historischen Festung von Sommières, folgen seit einem Jahr die Konturen eines Hauses mit seiner zeltähnlichen Form der hügeligen Landschaft. Ein grüner Überzug lässt das Gebäude mit der Umgebung verschmelzen und verdeckt vollständig die darrunterliegende Konstruktion. Fertiggestellt im Dezember 2001 nach einer mehrjähriger Planungszeit von dem Pariser Architekturbüro R&Sie, bietet das Haus der vierköpfigen Familie Barak auf seinem 1500 m2 großem Grundstück mit 165 m2 Wohnfläche Platz für sieben Zimmer. Die äußere Haut umschließt weiterhin eine 70m2 große Terrasse mit genug Raum für den zukünftigen Anbau weiterer Zimmer.

Konstruktion

Die Zeltkonstruktion des Hauses

Die Zeltkonstruktion des Hauses © R&Sie(n)

Die Architekten Francois Roche und Stephanie Lavaux, die seit 1993 zusammenarbeiten, konzipierten das Haus als eine normale Betonkonstruktion, die von einen Polyethylenüberzug vollständig überspannt wird. Der Überzug ist mit einer Reihe von Plastikclips, die in einem Abstand von 30 bis 40 Zentimetern auseinanderliegen, an ein Netz von Drähten aus Kohlenstofffasern befestigt. Die erforderliche Spannung und Durchmesser der Drähte wurden von dem örtlichen Ingenieur Roland Durupt berechnet. Die dazugehörige kostengünstige und einfache Tragstruktur konzipierte der in der Konstruktion von Kunstinstallationen erfahrene Christian Hubert Delisle. Dieser entschiede sich für den Einsatz von galvanisierten Stahlstützen mit einer Länge von 30 bis 300 cm und 35 mm Durchmesser. Die Stützen können zur Feineinstellung und eventuellem Nachspannung durch Drehen der Spitze bis zu 30 cm verlängert werden.

Das Haus Barak steht ohne Untergeschoss auf einem relativ leichten Fundament in die sensiblen und einmaligen Landschaft zwischen Nimes und Montpellier. Ausgestattet mit einer Geothermischen Gebäudetemperierung nutzt die Architekten den Unterschied zwischen der Boden- und der Außenlufttemperatur um das Haus zu heizen. Das Ziel war u.a. die vorhandene Landschaft durch den Bau und den Betrieb des Gebäudes so wenig wie möglich zu beeinflussen.

Material

Das Haus der Familie Barak im Süden Frankreichs

Das Haus der Familie Barak im Süden Frankreichs © R&Sie(n)

Der bei dem Haus Barak von den Architekten ausgewählte Überzug der Firma EMIS ist an sich nichts besonderes und schon seit einigen Jahren erhältlich. Die französische Firma produziert über 20 verschiedene Stofffamilien für verschiedene Nutzungen von der Landwirtschaft, über Freizeit und Tourismus und der Bauwirtschaft bis zu Spezialstoffen für militärische Zwecke. Das hier verwendete Material mit der Referenz 3090 GRÜN besteht aus 100% Polyethylen hoher Dichte (PE-HD), besitzt ein Gewicht von 154 gr/m2 und einen Verschattungsanteil von 75%. Vorgesehen für den landwirtschaftlichen Bereich, besitzt er eine besondere Resistenz gegen UV-Strahlung und Wasser. Doch bis heute wurde der Stoff überwiegend in südlichen Ländern zum Schutz junger Anpflanzungen vor zu starker Sonneneinstrahlung, Austrocknung und Winden eingesetzt. Diese Schutzfunktion erfüllt der Stoff teilweise auch hier, denn indem er die darrunterliegenden Betonmauern verschattet, trägt er dazu bei in dieser oft heißen und trockenen Region Südfrankreichs die Innenraumtemperaturen des Gebäudes zu verringern.

Bauherr

Gebaute experimentelle Architektur ist selten. Neben einem entschlossenen Architekten braucht es dazu auch unbedingt diese spezielle Art des experimentierfreudigen und mutigen Bauherrn, dessen Rolle hier Ami Barak als Direktor des Regionalen Kunstzentrums übernahm. Denn beim einem kurzen Rückblick auf die französischen Bauherren des 20. Jahrhunderts, die offen für neue Rezepte des Wohnen und Arbeiten waren, trifft man oft auf eine bestimmte Schicht der Gesellschaft. Künstlerisch orientierte Menschen, welche aktiv an der Gestaltung ihrer zeitgenössischen Gesellschaft teilhaben und dies auch durch ihre Lebensart ausdrücken und aufzeigen möchten. Diese Bauherren waren schon für Le Corbusier und Mallet-Stevens die Auftraggeber ihrer ersten Arbeiten und scheint unabdingbar für eine Erneuerung der Architektur und Kultur.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Deutschen BauZeitschrift, 12/02

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