Die postmoderne Architektur der Wohnanlage "Espaces d'Abraxas"

Les Espaces d’Abraxas in Marne-la-Vallée – Frankreich

Die postmoderne Architektur der Wohnanlage "Espace d'Abraxas"

Die postmoderne Architektur der Wohnanlage « Espaces d’Abraxas » © Christian Horn 2002

Sonntag, 24 November 2002, ein sonniger Tag und ideales Wetter für einen Ausflug nach Noisy-le-Grand im Osten von Paris. Dort baute 1982 der spanischen Architekten Ricardo Bofill die „Espaces d’Abraxas“. Einen in drei Gebäude mit klangvollen Namen aufgeteilten Wohnkomplex mit über 500 Sozialwohnungen. Er besteht aus dem „Le Palacio“, einem 18geschossigen Bau auf dem Grundriss eines halben „H“, „L’Arc“, ein zehngeschossiges Wohnhaus in Triumphbogen-Form und „Le Théâtre“, ein neungeschossiges Halbrund mit verspiegelten Halbsäulen auf der Innenseite.

In Noisy-le-Grand angekommen frage ich kurz nach den „Espaces d’Abraxas“, denn das Gebäude liegt hinter dem lokalen Einkaufszentrum und Parkhaus, und bald zeichnen sich die ersten Säulen am Himmel ab. Auf dem ersten Eindruck erscheinen die Gebäude in gutem Zustand, die Außenanlagen sauber und die Kinder spielen im Hof und auf dem Spielplatz vor den Gebäuden. Allgemein herrscht eine richtige Sonntag nachmittag Atmosphäre. Die Gebäude und ihre Architektur scheinen mit sich selbst zufrieden zu sein. Der Komplex steht alleine da und kümmert sich nicht um seine vielfältige Umgebung, was auch normal in den Pariser Vorstädten ist, wo alle größeren Bauten ihre eigene Formensprache besitzen.

Die postmoderne Architektur der Wohnanlage "Espace d'Abraxas"

Die postmoderne Architektur der « Espaces d’Abraxas » © Christian Horn 2002

Beim Näherkommen erkenne ich besser die gleichförmigen Fenster, die sich regelmäßig über die Fassade verteilen und zwischen den Säulen verstecken. Durch die Größe der Fenster wird auch die seltsame Maßstäblichkeit zwischen den monumentalen Fassadenelementen und den Wohnungen erkennbar, die sich hinter den bis zu 12geschossigen Säulen befinden. Beim Eintreten in die Gebäude, die Passagen und Innenhöfen manifestiert sich das Problem des Maßstabes immer stärker und die Fertigbetonelemente wirken erdrückender. Doch sind sie fast völlig frei von Graffiti.

Im einem Gespräch mit zwei Bewohnern erklärten diese, dass die Gebäude schon in einem schlechten Zustand sind und es einige Probleme mit Wasserschäden und dringender Reparaturen der Gebäude gäbe, wobei „Le Théâtre“ besser und übersichtlicher wäre als „Le Palacio“. Doch trotz einiger sozialer Spannungen seien „Les Espaces d’Abraxas“ einer der besten Wohnkomplexe in Noissy-le-Grand. Die Wohnungen seien mit gut geplanten und angenehm und mit der Architektur des Gebäudes könnten sie sich identifizieren.

Fußballspielende Kinder im Innenhof der Wohnanlage "Espaces d'Abraxas"

Spielende Kinder im Innenhof der « Espaces d’Abraxas » © Christian Horn 2002

Nach einer Tour auf der Innenstrasse des „Palacio“, auf der 14 Etage, wo die innenliegenden Balkone der Wohnungen, mangels Ausblick und Sonneneinstrahlung, nicht als solche benutzbar sind und nur als außenliegender Stauraum dienen, verlasse ich das Gebäude mit gemischten Gefühlen. Auch wenn die seltsame Maßstäblichkeit und Monumentalität ein erdrückendes Gefühl gibt, scheinen die Bewohner doch, vielleicht auch mangels Alternativen, recht froh zu sein dort zu wohnen und letzten Endes, bemerkte ein Mieter, wohnt ja nicht jeder in einem „Palacio“.

Autor: Christian Horn leitet das Architektur und Planungsbüro rethink

Text veröffentlicht in der Zeitschrift Baumeister, 01/03

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